Norbert König

28 окт 2020
Der Scherenschnitt – eine (fast) vergessene Kunst

Der Scherenschnitt – eine (fast) vergessene Kunst

Auf Jahrmärkten und unter den Straßenkünstlern kann man noch hin und wieder einen von ihnen antreffen : „Meister der Schere“, der aus einem Stück Papier im Handumdrehen ein Porträt zaubern können – ohne Vorzeichnung und womöglich mit gebogener Schere. So geschehen auch schon vor 60 Jahren in der Nähe von München. Es war das Schlüsselerlebnis kurz vor Beginn des Musikstudiums, das mich zu einer dauerhaften Beschäftigung mit dieser „lapidaren“ Kunst bewegte. Nach dem Zusehen bei der Arbeit an ein paar Modellen verspürte ich den Wunsch, auch auf diese Weise porträtiert zu werden und war glücklich, das Ergebnis in Händen zu halten. Bei näherer Betrachtung stellte sich zwar heraus, dass die Darstellung nicht sehr naturgetreu war, die Wirkung des Bildes jedoch ausgesprochen dekorativ. Diese schon bei den frühesten Exemplaren vorhandene Eigenschaft wurde durch ein Passepartout oder / und einen mehr oder weniger „edlen“ Rahmen in schwarz oder vergoldet – früher auch eventuell oval – noch verstärkt und hat von ihrem Reiz bis heute nichts eingebüßt. Ihre größte Bedeutung hatte die Silhouette naturgemäß vor Erfindung der Photographie und wurde wie der Scherenschnitt bereits im 18. Jh. gepflegt.

Unter „Silhouette“ versteht man das „Schattenbild“ einer Person oder Sache, also deren Umrisse – ohne Binnenzeichnung oder abgesetzte Flächen, was die frühen Porträts aus der Zeit des Rokoko und der Romantik kennzeichnet.

Um die Darstellung mit mehr Informationen ausstatten zu können, ging man zum Ausschneiden von Binnenflächen und Linien über, wonach der reine „Schattenriss“ als überholt angesehen wurde. Die immer detaillierter und kunstvoller gewordene Silhouette hat sich dadurch dem Scherenschnitt genähert, dessen Motiv-Vielfalt auch Profile und Porträts am Rande einschließt.

Meine eigene Arbeit mit dem Scherenschnitt begann – wie könnte es anders sein – in enger Anlehnung an das erlebte Vorbild. Bei dem sog. „Faltschnitt“ wird das Papier mit der weißen Seite nach außen zu etwa Postkarten – Größe gefaltet, so dass das abgebildete Profil gleichzeitig und exakt spiegelbildlich entsteht. Es wird dann auf der Rückseite mit einem Zellulose- Kleber (ähnlich einer Tapete) bestrichen und mittels kleinem Roller (wie bei Linolschnitt-Abzügen) auf einen vorgefertigten weißen Karton „gewalzt“. Obwohl ich für den ersten Versuch auch eine gebogene – in diesem Falle Nagel – Schere benutzte, galt dieser als gelungen, so dass in der Folgezeit kaum einer der Verwandten oder Bekannten vor meiner Schere sicher war. Diese aber bot den ersten Anlass zu einer Änderung und Entwicklung eigener Techniken.

In einem Münchener Spezialgeschäft kam ich glücklicherweise an die feinsten gebräuchlichen Scheren, die eigentlich für Augenoperationen hergestellt sind. Der weiße Karton schien mir als Untergrund bald zu leblos und banal, die Einheitsgröße des fertigen Bildes von ca. 12 x 17 cm zu schematisch. So bedauerte ich, die ersten Scherenschnitte überhaupt aufgeklebt zu haben und befestigte sie von nun an versetz – und abnehmbar mit einem Haftkleber.

Für den Fond als wesentlichen Bestandteil des Bildes eignen sich handgeschöpfte Papiere wie das hierfür berühmte aus Japan am besten.

Mit der Zeit bekam ich einen Blick und das Gespür für (weitere) Motive, die für die strenge graphische Technik des Scherenschnitts wie geschaffen sind, so beispielsweise aus der Welt der Pflanzen, Tiere, Architektur oder etwa schmiedeeiserner Gebilde. Von der malerischen Bodensee-Umgebung angeregt kam schließlich auch der größere Formate verlangende Landschafts-Scherenschnitt dazu.

Diese Motive setzen nicht nur eine Vorzeichnung voraus, sondern auch sorgfältige Planung der Bildkomposition.

Die hiermit und evtl. durch Zuhilfenahme von Fotos erreichbare Genauigkeit der Darstellung ließ das „Schneiden nach Sicht“ als nicht (mehr) notwendig erscheinen. Wie dieses überhaupt funktionieren kann, verrät der folgende angewendete einfache Trick : Die Silhouette wird während des Schneidens mehrere Male in bestimmtem Abstand vor das Auge gehalten, so dass sich ihre Kontur mit der des Modells deckt, bzw. decken soll. Ähnlich wie bei einem Bildhauer kann somit ein „zu viel“ weggeschnitten, ein „zu wenig“ oder „zu klein“ jedoch nicht wieder angesetzt werden.

Mit der erreichten Präzisionsmöglichkeit wuchs das Bestreben, die Silhouette zu einer ausdrucks- und charakterisierungs-fähigen Möglichkeit des Porträtierens zu verfeinern. Als willkommenes Attribut bot sich zu diesem Zweck – zumindest bei berühmten Persönlichkeiten – deren handschriftlicher Namenszug an , der freilich nicht immer leicht aufzutreiben ist.

Besondere Effekte ließen sich durch Reißen des Papiers (in Kombination mit Schneiden) erzielen, wie auch mit dem selten angewendeten „Negativschnitt“, bei dem das dargestellte Objekt – herausgeschnitten – in weiß erscheint. Ein ebenso vielversprechendes wie verschmähtes Ausdrucksmittel ist die Verwendung von farbigen oder graugetönten Papieren.

Als Tribut an die Moderne und stilistische Erweiterung kommt bei manchen Motiven eine stärkere Abstraktion in Betracht, als die durch das karge Material bereits vorgegebene.

In ein solchermaßen riesiges Betätigungsfeld – ohne erkennbare „Mitstreiter“ oder Konkurrenten - gesetzt, sah ich mich in der Pflicht, von den aufgetauchten Ideen möglichst viel zu realisieren, so dass die Beschäftigung damit nie gänzlich abriss. Das Dauer-Thema Profile fächerte sich nach und nach etwa zu folgenden Gebieten auf :

Berühmte Persönlichkeiten, Menschen ferner Länder und fremder Kulturen, Kinderporträts, historische, christlich-religiöse oder buddhistische Motive und nicht zuletzt die Sparte „Schönheitsgalerie“ einschließlich Aktmotiven.

Die jüngste daraus hervorgegangene Serie sind Doppelporträts, z. B. von Komponisten mit ihren Frauen oder Maler mit ihren (Lieblings-) Modellen - jeweils einander gegenübergestellt.

Bleibt die Frage, wozu die vorhandenen Originale und Druckvorlagen dienen (können).

Abgesehen von einigen Ausstellungen und Kalender-Drucken nutze ich sie zur Herstellung von Gruß- und Postkarten, die zu meinem bevorzugten Kommunikationsmittel wie auch Sammelobjekt avanciert sind.

Es war das Schlüsselerlebnis kurz vor Beginn des Musikstudiums, das mich zu einer dauerhaften Beschäftigung mit dieser „lapidaren“ Kunst bewegte. Nach dem Zusehen bei der Arbeit an ein paar Modellen verspürte ich den Wunsch, auch auf diese Weise porträtiert zu werden und war glücklich, das Ergebnis in Händen zu halten. Bei näherer Betrachtung stellte sich zwar heraus, dass die Darstellung nicht sehr naturgetreu war, die Wirkung des Bildes jedoch ausgesprochen dekorativ.
Auf Jahrmärkten und unter den Straßenkünstlern kann man noch hin und wieder einen von ihnen antreffen : „Meister der Schere“, der aus einem Stück Papier im Handumdrehen ein Porträt zaubern können – ohne Vorzeichnung und womöglich mit gebogener Schere. So geschehen auch schon vor 60 Jahren in der Nähe von München.

Diese schon bei den frühesten Exemplaren vorhandene Eigenschaft wurde durch ein Passepartout oder / und einen mehr oder weniger „edlen“ Rahmen in schwarz oder vergoldet – früher auch eventuell oval – noch verstärkt und hat von ihrem Reiz bis heute nichts eingebüßt. Ihre größte Bedeutung hatte die Silhouette naturgemäß vor Erfindung der Photographie und wurde wie der Scherenschnitt bereits im 18. Jh. gepflegt.

Unter „Silhouette“ versteht man das „Schattenbild“ einer Person oder Sache, also deren Umrisse – ohne Binnenzeichnung oder abgesetzte Flächen, was die frühen Porträts aus der Zeit des Rokoko und der Romantik kennzeichnet.

Um die Darstellung mit mehr Informationen ausstatten zu können, ging man zum Ausschneiden von Binnenflächen und Linien über, wonach der reine „Schattenriss“ als überholt angesehen wurde. Die immer detaillierter und kunstvoller gewordene Silhouette hat sich dadurch dem Scherenschnitt genähert, dessen Motiv-Vielfalt auch Profile und Porträts am Rande einschließt.

Meine eigene Arbeit mit dem Scherenschnitt begann – wie könnte es anders sein – in enger Anlehnung an das erlebte Vorbild. Bei dem sog. „Faltschnitt“ wird das Papier mit der weißen Seite nach außen zu etwa Postkarten – Größe gefaltet, so dass das abgebildete Profil gleichzeitig und exakt spiegelbildlich entsteht. Es wird dann auf der Rückseite mit einem Zellulose- Kleber (ähnlich einer Tapete) bestrichen und mittels kleinem Roller (wie bei Linolschnitt-Abzügen) auf einen vorgefertigten weißen Karton „gewalzt“. Obwohl ich für den ersten Versuch auch eine gebogene – in diesem Falle Nagel – Schere benutzte, galt dieser als gelungen, so dass in der Folgezeit kaum einer der Verwandten oder Bekannten vor meiner Schere sicher war. Diese aber bot den ersten Anlass zu einer Änderung und Entwicklung eigener Techniken.

In einem Münchener Spezialgeschäft kam ich glücklicherweise an die feinsten gebräuchlichen Scheren, die eigentlich für Augenoperationen hergestellt sind. Der weiße Karton schien mir als Untergrund bald zu leblos und banal, die Einheitsgröße des fertigen Bildes von ca. 12 x 17 cm zu schematisch. So bedauerte ich, die ersten Scherenschnitte überhaupt aufgeklebt zu haben und befestigte sie von nun an versetz – und abnehmbar mit einem Haftkleber.

Für den Fond als wesentlichen Bestandteil des Bildes eignen sich handgeschöpfte Papiere wie das hierfür berühmte aus Japan am besten.

Mit der Zeit bekam ich einen Blick und das Gespür für (weitere) Motive, die für die strenge graphische Technik des Scherenschnitts wie geschaffen sind, so beispielsweise aus der Welt der Pflanzen, Tiere, Architektur oder etwa schmiedeeiserner Gebilde. Von der malerischen Bodensee-Umgebung angeregt kam schließlich auch der größere Formate verlangende Landschafts-Scherenschnitt dazu.

Diese Motive setzen nicht nur eine Vorzeichnung voraus, sondern auch sorgfältige Planung der Bildkomposition.

Die hiermit und evtl. durch Zuhilfenahme von Fotos erreichbare Genauigkeit der Darstellung ließ das „Schneiden nach Sicht“ als nicht (mehr) notwendig erscheinen. Wie dieses überhaupt funktionieren kann, verrät der folgende angewendete einfache Trick : Die Silhouette wird während des Schneidens mehrere Male in bestimmtem Abstand vor das Auge gehalten, so dass sich ihre Kontur mit der des Modells deckt, bzw. decken soll. Ähnlich wie bei einem Bildhauer kann somit ein „zu viel“ weggeschnitten, ein „zu wenig“ oder „zu klein“ jedoch nicht wieder angesetzt werden.

Mit der erreichten Präzisionsmöglichkeit wuchs das Bestreben, die Silhouette zu einer ausdrucks- und charakterisierungs-fähigen Möglichkeit des Porträtierens zu verfeinern. Als willkommenes Attribut bot sich zu diesem Zweck – zumindest bei berühmten Persönlichkeiten – deren handschriftlicher Namenszug an , der freilich nicht immer leicht aufzutreiben ist.

Besondere Effekte ließen sich durch Reißen des Papiers (in Kombination mit Schneiden) erzielen, wie auch mit dem selten angewendeten „Negativschnitt“, bei dem das dargestellte Objekt – herausgeschnitten – in weiß erscheint. Ein ebenso vielversprechendes wie verschmähtes Ausdrucksmittel ist die Verwendung von farbigen oder graugetönten Papieren.

Als Tribut an die Moderne und stilistische Erweiterung kommt bei manchen Motiven eine stärkere Abstraktion in Betracht, als die durch das karge Material bereits vorgegebene.

In ein solchermaßen riesiges Betätigungsfeld – ohne erkennbare „Mitstreiter“ oder Konkurrenten - gesetzt, sah ich mich in der Pflicht, von den aufgetauchten Ideen möglichst viel zu realisieren, so dass die Beschäftigung damit nie gänzlich abriss. Das Dauer-Thema Profile fächerte sich nach und nach etwa zu folgenden Gebieten auf :

Berühmte Persönlichkeiten, Menschen ferner Länder und fremder Kulturen, Kinderporträts, historische, christlich-religiöse oder buddhistische Motive und nicht zuletzt die Sparte „Schönheitsgalerie“ einschließlich Aktmotiven.

Die jüngste daraus hervorgegangene Serie sind Doppelporträts, z. B. von Komponisten mit ihren Frauen oder Maler mit ihren (Lieblings-) Modellen - jeweils einander gegenübergestellt.

Bleibt die Frage, wozu die vorhandenen Originale und Druckvorlagen dienen (können).

Abgesehen von einigen Ausstellungen und Kalender-Drucken nutze ich sie zur Herstellung von Gruß- und Postkarten, die zu meinem bevorzugten Kommunikationsmittel wie auch Sammelobjekt avanciert sind.

Norbert König 2020












 

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